Elisabeth Thielemann schreibt Roman „Das Geheimnis der Marionette“
Eine spannende Familiengeschichte mit stark biografischem Hintergrund, die von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart reicht, erzählt die Schauspielerin Elisabeth Thielemann in ihrem Debütroman „Das Geheimnis der Marionette“. Im Chiemgau geboren, wo sie auch ihre Kindheit und Jugend verbrachte, verließ Thielemann mit 18 Jahren ihr Heimatdorf und ging nach München.
Nach der Mitarbeit in einer Redaktion des Süddeutschen Verlages absolvierte sie ein Studium zur Diplom-Verwaltungswirtin, danach schloss sich eine Beratungstätigkeit für Jugendliche an. Nebenbei fungierte sie als Pressesprecherin einer Münchner Theatergruppe, stand aber auch selbst auf der Bühne. Nach einer weiteren Ausbildung kann sie mittlerweile auf zahlreiche Engagements bei Film, Fernsehen und Bühne zurückblicken.
Ausgangspunkt der Erzählung ist eine Novembernacht im Jahr 2013, in der die 1948 geborene Sofie sich vornimmt, ihre Familiengeschichte aufzuarbeiten, angeregt durch eine alte, geheimnisvolle Marionette ihres Vaters Christian: „Sie konnte es nicht deuten, aber sie hatte in dieser Nacht zum ersten Mal das Gefühl, dass ihr die Puppe etwas mitteilen wollte.“ Im Zentrum steht dabei die Lebensgeschichte ihrer aus der Nähe von Chemnitz stammenden Eltern, Christian und Lene, die sich im Sommer 1917 kennen- und lieben lernen. Und die nach dem Krieg in St. Georgen bei Traunreut eine neue Heimat finden, wo Christian eine Stelle als Feuerwerker in der örtlichen Munitionsanstalt, kurz „Muna“ genannt, annimmt. Breiten Raum nimmt dabei Lenes gefährliche Reise in die Ostzone im Winter 1945 ein, wo sie ihren Schwiegervater Friedrich besucht.
Nach einem kurzen Abschnitt, in dem geschildert wird, wie sich im Jahr 1913 Friedrich und seine spätere Ehefrau Bertha finden, handelt der letzte Teil des Buches von Friedrichs Mutter Greta, die in einer Puppenspieler-Familie aufwächst, die im 19. Jahrhundert mit ihren fünf Kindern durch Sachsen zieht. Ein Marionetten-Theater, das es nach Auskunft der Autorin tatsächlich gab und von ihren Ur-Ur-Großeltern, der Familie Johann August und Erdmuthe Möbius geleitet wurde. Und auch Greta basiert auf einer realen Person, nämlich der Ur-Großmutter der Autorin, Fanny Möbius, die später ihren Ur-Großvater Paul Richard Thielemann heiratete. In einfacher, klarer Sprache flüssig geschrieben, entsteht so ein packendes Panorama deutscher Lebenswirklichkeit zwischen Kaiserreich, NS-Diktatur, Nachkriegszeit und SED-Regime, angereichert mit vielen interessanten Details wie zum Beispiel Gretas erster Begegnung mit einem Radfahrer anno 1860 in Dresden: „Mein Vater war außer sich! Was denkt sich dieser Mensch eigentlich! Wie unverantwortlich! Er kann doch jederzeit von diesem Gefährt herunterfallen und andere Menschen umreißen“. Auf Greta geht auch das titelgebende Geheimnis der Marionette zurück, eine Begebenheit aus der sogenannten „Reichskristallnacht“ im November 1938, bei der für einen kurzen Moment die Menschlichkeit über den braunen Terror gesiegt hat.
Zur Zeit arbeitet Elisabeth Thielemann an ihrem zweiten Buch, das den Titel „Traunindianer“ tragen wird und ihre Kindheit im Chiemgau beschreibt. Ein Buch, auf das man gespannt sein darf.
Quelle: Der Beitrag erschien im Traunreuter Anzeiger 6.5.2020, in den Lokalausgaben der Passauer Neuen Presse 6.5.2020, im Traunsteiner Wochenblatt 15.5.2020 und im Berchtesgadener Anzeiger am 14.5.2020 – Plus.pnp.de
(Wolfgang Schweiger ist ein bekannter Krimi-Autor, schreibt Drehbücher für Film und Fernsehen und ist freier Mitarbeiter beim Traunsteiner Tagblatt.)